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Inhalieren – aber richtig!

Ein großer Vorteil der Inhalationstherapie besteht darin, dass der Wirkstoff direkt und sofort in die Lunge gelangt, an den Ort des Geschehens. Inhalative Medikamente richtig anzuwenden, ist jedoch eine Herausforderung. Es gibt eine solche Vielzahl unterschiedlicher Arzneistoffe und Inhalationsgeräte (Devices), dass es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Dementsprechend häufig sind Fehler beim Inhalieren. Mindestens ein Drittel der Patienten, in einigen Studien sogar bis zu 94 %, wenden ihr Trockenpulver nicht richtig an. Inhalative Medikamente können also nicht einfach verschrieben werden, sondern der Arzt muss sicherstellen, dass der Patient das Arzneimittel richtig anwendet.

Theorie und Praxis der Inhalationstherapie

Damit das inhalierte Arzneimittel wirken kann, muss es in ausreichender Menge in den Bronchien ankommen. Daran sind unterschiedliche physikalische Mechanismen beteiligt. Die Impaktion beschreibt das Aufprallen der inhalierten Partikel an Verzweigungen im Bronchialbaum, sodass diese Teilchen nicht in die tieferen Lungenabschnitte gelangen. Ähnlich wie ein Auto aus der Kurve getragen wird und an die Leitplanke oder den Baum prallt, wenn der Fahrer zu schnell gefahren ist, hängt auch in den Atemwegen die Impaktion von der Geschwindigkeit der Einatmung ab. Daher ist die optimale Geschwindigkeit beim Einatmen von entscheidender Bedeutung für gutes Inhalieren. Hier gibt es nun Unterschiede je nachdem, welches Inhalationssystem benutzt wird. Meist ist es günstig, langsam, tief und gleichmäßig einzuatmen. Für Dosieraerosole reicht ein geringer Atemfluss von 20 l/min aus. Das ist viel weniger, als die meisten Patienten vermuten.

Wichtig im praktischen Alltag ist die Haltung des Kopfes beim Inhalieren. Wenn man den Kopf wie beim Trinken ein wenig in den Nacken legt, sind die Atemwege im Rachen weiter geöffnet und die Kurve weniger eng, sodass das Medikament mit dem Einatemstrom leichter hindurch kann. Auch auf Zunge und Zähne muss man achten. Man nimmt das Mundstück zwischen die Lippen und hält dabei die Zahnreihe locker auseinander, ohne auf das Mundstück zu beißen. Dadurch bleibt auch die Zunge locker am Mundboden liegen. Sie darf nämlich keinesfalls nach oben zum Gaumen gedrückt werden, weil das den Weg bei der Inhalation verengen würde. Ein anderes physikalisches Prinzip ist die Sedimentation. Damit wird beschrieben, dass sich die eingeatmeten Teilchen in der Lunge absetzen. Für diesen Faktor spielt die Größe der Teilchen eine wichtige Rolle, ihre Dichte und ihre Füllung. Um eine gute Sedimentation zu gewährleisten, soll man nach dem Einatmen mehrere Sekunden die Luft anhalten und eine Pause machen, bevor man wieder ausatmet. Dann können sich die eingeatmeten Medikamente gut in den Bronchien ablagern. Große Fortschritte gibt es bei inhalativen Antibiotika. Es wurden Teilchen entwickelt, die wie eine hohle durchlöcherte Kugel aussehen und wegen ihrer geringen Dichte daher besonders gut und weit in die Lunge fliegen können. In den letzten Jahren wurden die Inhalationssysteme immer weiter verbessert, sodass mehr Medikament die Lungen erreichen kann. Dennoch kommen auch mit neuen Pulverinhalatoren weniger als 40 % der nominellen Dosis in der Lunge an.

Feuchtinhalation

Die Feuchtinhalation mit elektrischen Verneblern ist für Patienten nicht so einfach anzuwenden, wie es scheint. Wenn man zu schnell ein- und ausatmet und die Pausen vergisst, kann es zu einer dynamischen Überblähung kommen, und der Patient verträgt das Inhalieren nicht. Besser ist, mit einer Unterbrechertaste den Inhalationsnebel kurz zu unterbrechen. Besonders günstig wirkt ein aufgesetztes PEP-System, mit dem eine verlängerte Ausatmung erreicht wird. Spezielle Aufsätze ermöglichen sogar eine Oszillation, die das Lockern von festem Bronchialsekret fördert.

Dosieraerosol

Für Dosieraerosole ist die richtige Einatemtechnik besonders wichtig. Bei einer langsamen Inhalationsgeschwindigkeit von 30 l/min wurden in einer Studie 15 % des Arzneistoffs in der Lunge abgelagert, bei einem zu schnellen Fluss von 80 l/min waren es nur 8 %. Grundsätzlich rät der Referent, ein Dosieraerosol immer mit einem Vorsatzgerät (Spacer) anzuwenden. Das hat zwei große Vorteile: man atmet dann schön langsam ein, und man muss sich nicht mehr um die Koordination zwischen Einatmung und Auslösen der Dosis kümmern. Wer Kortisonpräparate inhaliert, sollte sie vor dem Frühstück und vor dem Abendessen anwenden. Durch Essen und Trinken wird dann das restliche Cortison weggespült, das noch im Mund und Rachen liegt. Dadurch sinkt das Risiko von Nebenwirkungen wie Heiserkeit oder Mundsoor.

Alpha1 Familie beim Inhalieren

Pulverinhalator

Bei den Pulverinhalatoren gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Medikamente. Diese unterscheiden sich in ihren inneren Widerständen, in den Flussraten oder in der Handhabung. Klassischerweise ist das Medikament an Laktose (Milchzucker) gebunden. Von diesem Trägerstoff muss es während der Einatmung abgetrennt werden. Dementsprechend muss man aus diesen Geräten schneller einatmen als aus Dosieraerosolen und Flussraten von 60-80 l/min erreichen. Atmet man zu zaghaft, kann sich das Arzneimittel nicht vom Trägerstoff lösen. Atmet man zu kräftig und schnell ein, bleibt der Großteil des Medikaments im Rachen hängen, anstatt in die Lunge zu fliegen. Husten ist dann eine häufige Nebenwirkung. Pulverinhalatoren setzen dem Einatmen unterschiedlich große Widerstände entgegen. Je nach Gerät muss man sich daher unterschiedlich stark anstrengen, um denselben Fluss zu erzielen. Das Medikament zum Inhalieren ist in Gelatinekapseln verpackt. Gelatine wird leicht klebrig, wenn sie feucht wird. Daher darf man auf keinen Fall in das Gerät ausatmen. Auch das Aufbewahren des Pulverinhalators im Bad oder das Reinigen mit einem feuchten Tuch sind zu unterlassen. Die Kapseln dürfen nicht wie Tabletten aus dem Blister herausgedrückt werden, weil dabei die weiche Kapsel eingedrückt werden könnte, sondern man entfernt erst die Aluminiumfolie und lässt die Gelatinekapsel dann herausgleiten.

Verschreibung und Patientenschulung

Allgemein sagt man, dass nur ein Drittel der medizinischen Ratschläge ernst genommen und auch richtig umgesetzt werden. Der Arzt muss einen genauen Therapieplan erstellen und mit dem Patienten besprechen. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung ist hilfreich, ebenso wie die Videos zum richtigen Inhalieren der Deutschen Atemwegsliga. Unumgänglich sind gründliche und wiederholte Schulungen des Patienten, damit eventuelle Anwendungsfehler ausgemerzt werden. Ständiges Üben hilft, idealerweise mit einem Atmungstherapeuten.

Dosieraerosol (MDI = metered dose inhaler)

Mangelhafte Koordination zw. Auslösen und Atemzug

%

27%

Atem nach Inhalation zu kurz oder gar nicht angehalten

%

26%

Zu schnelles Einatmen / keine forcierte Einatmung

%

19%

Unzureichendes Schütteln vor Inhalation

%

13%

Auslösen bei gefüllter Lunge / keine tiefe Ausatmung vor Inhalation

%

4%

Ausatmung bei Auslösung

%

1%

Inhalation wird in falscher Orientierung gehalten

%

1%

Pulverinhalatoren (DPI = dry powder inhaler)

Atem nach Inhalation zu kurz oder gar nicht angehalten

%

23%

Zu schnelles Einatmen / keine forcierte Einatmung

%

17%

Auslösen bei gefüllter Lunge / keine tiefe Ausatmung vor Inhalation

%

24%

Ausatmung bei Auslösung

%

19%

Inhalation wird in falscher Orientierung gehalten

%

35%

Nach Inhalation wird in Mundstück ausgeatmet

%

20%

Quelle: modifiziert nach Chrystyn H, Price D, Prim Care Resp. J, 2009; 18: 234-9.

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