von Marion Wilkens, so erschienen im Alpha1-Journal 02/2013
Naturgemäß beschäftigt uns Alpha-1-Betroffene das Thema Transplantation weit mehr. Die Entscheidung über eine eventuelle Organspende sollten wir aber nicht abgeben und sie selbst treffen.
Vor kurzem war ich auf einem Vortrag über Organspende bei dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in Hamburg (KISS). Nach dem Vortrag von Frau Bettina Eggers, Transplantationskoordinatorin bei der DSO (Deutsche Stiftung für Organtransplantation) ist mir bewusst geworden, dass wir gerade dieses Thema eigentlich viel zu wenig betrachten. Wir reden aus verständlichen Gründen viel über die Transplantation, dabei betrifft die Organspende auch uns chronisch Erkrankte.
Will ich Spender werden?
Wir Alphas glauben, uns keine Gedanken über einen Organspenderausweis machen zu müssen: Wer will schon unser Herz, geschweige denn unsere Lunge? Ist die Frage wirklich so einfach für uns zu beantworten? Viele Menschen sagen, sie seien zu krank, um Organspender zu sein. Aber man sollte die Entscheidung, ob einige Teile vielleicht nicht doch zu nutzen sind, den Ärzten überlassen. Niemand wird eine Lunge von uns Alphas bekommen, aber andere Organe könnten vielleicht doch jemandem helfen. Wir sollten uns nicht fragen, was noch zu verwenden ist – dafür gibt es Spezialisten. Aber: Es sollte sich jeder fragen und für sich entscheiden, ob er Spender werden möchte.
Ein „Nein“ ist genauso akzeptabel wie ein „Ja“ im Organspenderausweis, nur sollte man sich einmal damit beschäftigt haben. Man sollte auch wissen, was der Partner/ die Familie sich wünscht, oder was im Falle des Versterbens eines Kindes getan werden soll, das ist sicher etwas, woran man am liebsten gar nicht denken möchte!
Klar stellen wir uns Fragen: Wie genau werden denn die Spender untersucht? Macht es Sinn, als wissentlich Kranker Spender zu werden?
Es ist immer eine Risikoabwägung
Aber mal ehrlich: Hat nicht jeder irgendeine Krankheit? Natürlich kann nicht alles ausgeschlossen werden. Keiner möchte ein krankes Organ erhalten, aber manchmal ist überhaupt ein Organ zu erhalten wichtiger. Es ist also immer eine Risikoabwägung. Die wichtigsten Informationen über den Spender gibt es über die behandelnden Ärzte des Verstorbenen. Hat jemand keine Angehörigen und war nicht regelmäßig beim Arzt, so ist die Datenlage zu schlecht, um ihn als Spender zu nehmen. Aber auch hier gilt: Dafür gibt es Spezialisten. Wer Spender werden kann, entscheiden sie, was auf dem Ausweis steht, entscheiden wir selber!
Es war sehr deutlich bei dem Treffen in Hamburg zu spüren, dass viele Ängste vorhanden sind, wenn es um Organspende geht. Es kursieren viele Mythen und Geschichten um dieses Thema. Es kam z.B. die Frage, ob man mit eingefallenem Brustkorb zurückgelassen wird, oder gar mit Watte ausgestopft wird? Dem ist natürlich nicht so, man wird wieder zusammengenäht und sieht aus wie vorher (naja, nur mit Narbe). Es gibt auch immer wieder Gerüchte und Geschichten über Menschen, die nicht tot sind, aber denen man schon Organe entnimmt. Diese Geschichten stammen aus der Zeit, als es noch keine Intensivmedizin gab. Den Hirntod kann man erst seit den 60er Jahren feststellen, und es ist die sicherste Diagnose in der Medizin.
Übrigens ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Spender wird (trotz Bereitschaft per Spenderausweis) gering. Spender wird, wer hirntot ist und an lebenserhaltenden Maschinen hängt. Man muss sich klar machen, dass ein zu Hause Verstorbener gar nicht als Spender in Frage kommt, da seine Organe nicht mit Sauerstoff versorgt wurden.
Zu wenige Spender!
Es gibt in Deutschland jährlich nur ca. 3.000 potenzielle Spender, die aus medizinischer Sicht in Frage kommen würden. Das ist nicht viel, vor allem da es in Deutschland ca. 12.000 Menschen gibt, die auf Organe warten (einige davon sind Alphas). Trotzdem hätten wir genug Spender, und könnten sogar noch unter ihnen auswählen, wenn zumindest diese medizinisch möglichen Patienten dafür bereitstünden. Die Bereitschaft, Organspender zu werden, ist leider stark zurückgegangen, insbesondere nach den Skandalen in Deutschland im letzten Jahr. Das ist nicht gut für uns Alphas und für alle, die auf ein Organ warten. Jeder soll sich entscheiden, ob er ein Spender werden möchte oder nicht.
Auf den Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit und der Deutschen Stiftung für Organtransplantation finden Sie weiterführende interessante Informationen.