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Marion Wilkens, 1. Vorsitzende Alpha1 Deutschland e.V.
Wir haben uns im vergangenen Jahr gemeinsam mit anderen Patientenorganisationen und der B.A.G. Selbsthilfe für eine sichere Versorgung mit Plasmaprodukten eingesetzt. Dazu haben wir, wie bereits berichtet, u.a. ein Schreiben an die Regierung geschickt. Ein Antwortschreiben von Prof. Dr. Claudia Schmidtke liegt nun vor, die die Stärkung der Plasmaspende begrüßt und unser Schreiben zur Prüfung an das BMG (Bundesgesundheitsministerium) weitergeleitet hat. Am 17. Mai erhielten wir folgende Antwort von Frau Dr. Dagmar Dörmann/BMG: Einen Spendenrückgang in Deutschland sieht man nicht, aber die Abhängigkeit von anderen Kontinenten (insbesondere Amerika) kann zu einer verzögerten Auswirkung (ca. nach einem Jahr) auf dem deutschen Markt führen.
Vieles des im Antwortschreiben Genannten war uns aus einem Vortrag bereits bekannt, den wir nun als Zusammenfassung in unseren eigenen Worten wiedergeben möchten: Mitschrift einer Präsentation über Plasma gehalten von Dr. Anneliese Hilger, Leiterin der Abteilung Hämatologie und Transfusionsmedizin des Paul-Ehrlich-Instituts, Langen, im Rahmen der Veranstaltung von InFusion ‚Forum Seltene Erkrankungen‘. Die Veranstaltung wurde moderiert von Dr. Eckart von Hirschhausen, vertreten war u.a. auch die Patientenorganisation dsai (für angeborene Immundefekte), die auf bereits vorhandene Versorgungsprobleme in ihrem Bereich hinweist: Frau Dr. Hilger begann die Präsentation mit der Frage: Welche Daten zur Versorgungssituation liegen vor?
Alle nachfolgende Daten sind beim Paul-Ehrlich-Institut nachzulesen.
- Das Blut- und Plasma Spendenaufkommen, zusammen betrachtet, ist in den letzten fünf Jahren leicht zurückgegangen. Nur das Plasma betrachtet, ist das Spendenaufkommen konstant geblieben. Der leichte Rückgang ist beim Blutspenden gewesen. Erklärbar ist es u.a. damit, dass man mit den Blutkonserven sparsamer umgeht und neue Richtlinien zum Einsatz erarbeitet wurden
- Plasma wird seltener aus der Vollblutspende gewonnen, sondern mehr aus der Apherese (umgangssprachlich: Blutwäsche)
- Es sind in den letzten zehn Jahren in Deutschland ca. drei Millionen Liter Plasma jährlich gesammelt worden
- In ganz Europa insgesamt fast sieben Mill. Liter => Deutschland hat also den wesentlichen Anteil
- Global: USA hat mehr als doppelt so viel wie Europa gesammelt
- Am Beispiel Immunglobuline zeigt sich, dass in den letzten Jahren stetig etwas mehr aus plasmagewonnenes Produkt in den deutschen Markt gegeben wurde (so auch in 2020)
Da die Befürchtungen, durch die Pandemie eine Verknappung zu erhalten, zunächst geteilt wurden, hat das PEI einen Round Table ‚Plasmaversorgung‘ im Dez. 2020 (PEI, Industrie, BMG, Patientenvertretung, Landesbehörden und viele mehr) einberufen. Diesen hat Frau Dr. Hilger wie folgt zusammengefasst:
Die von der Industrie erwartete Verknappung mit Plasmaprodukten und die ebenfalls von der Industrie geäußerte Befürchtung, Source-Schwankungen durch Vorräte nicht kompensieren zu können, konnten nicht mit belastbaren Daten (PEI) belegt werden. Man war sich einig, dass die Plasmagewinnung in Europa gestärkt werden muss. Diskutiert wurden ebenfalls drei mögliche Maßnahmen zur Verbesserung: Aufruf zur Blut- und Plasmaspende (BzgA), Aufwandsentschädigung und mehr Entnahmestationen.
Frau Dr. Hilger fasst zusammen: Trotz eines stabilen Systems zur Blut- und Plasmagewinnung in Deutschland und auch wenn keine Daten auf einen Versorgungsengpass hinweisen, hat das System Schwächen. So werden z.B. lokale, saisonale Schwankungen nicht erfasst und komplexe Faktoren (z.B. zukünftige Planungen der Industrie) können derzeit nicht dargestellt werden, man kann also nicht in die Zukunft sehen.
Ob das Plasmaaufkommen in Deutschland auch zukünftig ausreichen wird, kann keiner gesichert sagen, Frau Dr. Hilger glaubt dies schon.
Hinweis
Blut und Plasma spenden können Sie in Unikliniken und in vielen Krankenhäusern, beim Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes oder bei kommunalen und privaten Blutspendezentren. Außerdem gibt es mobile Blutspendedienste mit täglich wechselnden Ortsterminen ganz in ihrer Nähe.
Finden Sie Blut- und Plasmaspendedienste in ihrer Nähe.
Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Kommentar Alpha1 Deutschland:
Wir hatten bisher keine Versorgungsprobleme durch zu wenig Plasmagewinnung und erwarten diese auch nicht in naher Zukunft für die Gewinnung von Alpha-1-Antitrypsin (es sei denn, dass die Plasmagabe doch eine Therapie bei Covid-19 wird). Es gab zeitweise prozessbedingte Schwierigkeiten in der Versorgung, die aber kein Thema der Politik sind, sondern Thema der Sicherung von Prozessen während der Herstellung, der Verpackung und der Bevorratung, also Thema der Pharmaindustrie. Das Problem, das wir sehen, ist eine teilweise Abhängigkeit vom amerikanischen Markt, die es zu ändern gilt. Hier gibt uns die Politik Recht und sieht die Notwendigkeit für eine Stärkung der Produktionsstandorte Europa und Deutschland.