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Linda Tietz, Alpha1 Deutschland e.V., so erschienen im Alpha1-Journal 1/2016.

Herr Dr. Andreas Wilke von der Evangelischen Lungenklinik Berlin im Gespräch mit Linda Tietz

Linda Tietz: Herr Dr. Wilke, ich danke Ihnen, dass Sie mir freundlicherweise für das Interview zur Verfügung stehen. Nachdem im ersten Interview unserer neuen Journalserie ein neues Vorstandsmitglied vorgestellt wurde und im zweiten Interview ein Beiratsmitglied Auskunft über den Weg zur Listung gab, freue ich mich ganz besonders, dass Sie uns heute Rede und Antwort stehen.

Herr Dr. Wilke, in Ihrer langjährigen Tätigkeit als Lungenfacharzt im FLT (Evangelische Lungenklinik Berlin) haben Sie sich seit vielen Jahren insbesondere mit der seltenen chronischen Erkrankung Alpha-1-Antitrypsinmangel befasst. Was hat Sie dazu veranlasst, sich gerade mit dieser Krankheit so speziell auseinanderzusetzen und beispielsweise nicht mit der COPD oder der Mukoviszidose?
Dr. Wilke: Die Beschäftigung mit der COPD einerseits und dem Alpha-1-Antitrypsinmangel andererseits stellen für mich keine Alternativen oder gar einen Widerspruch dar. Vielmehr ist das Interesse am Krankheitsbild des durch einen A1AT-Mangel verursachten Lungenemphysems aus der langjährigen Erfahrung in der Diagnostik und Therapie von COPD-Patienten entstanden. Auch heute noch verbirgt sich unter den COPD-Patienten eine Reihe von Patienten, bei denen ein genetisch bedingter Alpha-1-Antitrypsinmangel vorliegt. Es ist die Aufgabe von uns Ärzten, diese Patienten zu identifizieren, zu betreuen und ggf. auch im Rahmen einer Substitutionstherapie spezifisch zu behandeln.

Linda Tietz: Wann und wie sind Sie dann mit unserer Patientenorganisation in Berührung gekommen?
Dr. Wilke: Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, wann ich zum ersten Mal bewusst mit der Patientenorganisation Alpha1 Deutschland in Berührung gekommen bin. Dieser Kontakt ergab sich jedoch zwangsläufig, da der langjährige, verdienstvolle 1. Vorsitzende Gernot Beier in den 90iger Jahren einer meiner ersten Alpha-1-Patienten war. Über viele Jahre bis zu seinem viel zu frühen Tod im vergangenen Jahr hatten wir vielfältige Kontakte, nicht nur als Patient und Arzt, sondern darüber hinaus auch hinsichtlich der vielen Aspekte der Erkrankung, seiner Erforschung und Behandlungsmöglichkeiten.

Linda Tietz: Vor einigen Jahren haben Sie das Alpha-1-Mobil zur direkten häuslichen Versorgung der Betroffenen ins Leben gerufen. Gibt es das noch? Welche Erfahrungen konnten Sie hierbei sammeln?
Dr. Wilke: Das Projekt „Alpha-1-Mobil“ besteht nun bereits seit dem Jahr 2009 und wir arbeiten an der Weiterentwicklung und Vervollkommnung. Ziel des Projektes ist und bleibt die Durchführung der Substitutionstherapie mit einem humanen Proteinaseinhibitor unter den Bedingungen der ambulanten home-care-Betreuung. Zu diesem Zweck wird der Patient einmal wöchentlich durch eine speziell ausgebildete Pflegekraft oder eine Ärztin zu Hause besucht, es wird die therapiebegleitende Diagnostik, z.B. Pulsoximetrie, Blutgasanalyse, Spirometrie durchgeführt und anschließend die Infusion verabreicht.
Diese häusliche Versorgung erfolgt in Absprache und Kooperation mit dem behandelnden Lungen- und/oder Hausarzt. Der personelle und zeitliche Aufwand wurde anfänglich von uns etwas unterschätzt. Deshalb bleibt dieses home-care-Projekt solchen Patienten vorbehalten, für die der wöchentliche Weg zur Infusion in die Arztpraxis aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zumutbar ist. Die Resonanz bei den gegenwärtig von uns in dieser Weise betreuten Patienten ist sehr positiv. Ab Mai 2016 werden wir an drei Tagen der Woche unterwegs sein.

 

 

 

Linda Tietz: Kennen Sie schon das neueste
Printmedium von Alpha1 Deutschland e.V., das Ratgeberbüchlein für Kinder „Alpha-1-Antitrypsinmangel – Alles, was du wissen musst“? Wie gefällt es Ihnen?
Dr. Wilke: Ich habe mich sehr gefreut, als ich beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin im März dieses Jahres in Leipzig das erste Exemplar in der Hand hielt. Der Inhalt und die Gestaltung sind sehr ansprechend und kindgerecht und machen es Kindern möglich, einen Zugang zu ihrer Erkrankung zu finden. Ich begrüße diese Initiative von Alpha1 Deutschland sehr, zusätzlich halte ich in diesem Zusammenhang die Erhaltung bzw. Gründung von weiteren Alpha-1-Kinder-Centern für unbedingt erforderlich und wünschenswert.

Linda Tietz: Was können Sie unseren betroffenen Mitgliedern als mögliche neue Therapie zukünftig in Aussicht stellen?
Dr. Wilke: Neben der konventionellen Therapie mit Inhalatoren stellt die Substitutionstherapie mit einem humanen Proteinaseinhibitor bei schwerem Alpha-1-Antitrypsinmangel weiterhin die Methode der Wahl dar. Seit kurzem hat ein weiteres derartiges Medikament die Zulassung erhalten. Wir Ärzte, die sich auf die Behandlung von Patienten mit A1AT-Mangel spezialisiert haben, werden unsere Erfahrungen mit dem neuen Medikament austauschen, insbesondere auch unter dem Aspekt, welche Patienten für eine derartige Substitutionstherapie in Betracht kommen. Neben der etablierten Substitutionstherapie gibt es Forschungsvorhaben, die sich mit alternativen Therapieansätzen beschäftigen.

Linda Tietz: Auch wenn Sie nicht mehr als behandelnder Arzt im FLT Berlin tätig sind, können wir als Verein davon ausgehen, dass Sie uns weiterhin mit Ihrer Kompetenz und langjährigen Verbundenheit zur Seite stehen werden?
Dr. Wilke: Auch wenn ich zum Ende des vergangenen Jahres meine Tätigkeit in der Klinik „aus Alters-gründen“ beendet habe, bleibe ich natürlich den Alpha-1-Patienten sehr verbunden. So werde ich weiterhin das Alpha-1-Center an der Evangelischen Lungenklinik in Berlin-Buch leiten und führe in diesem Rahmen einmal wöchentlich Sprechstunden in der Klinik durch. Weiterhin stehe ich beratend für Patien-ten und auch für Alpha1 Deutschland als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates zur Verfügung. Ich freue mich auf eine weitere gute Zusammenarbeit!

Linda Tietz: Darüber freuen wir uns als Verein mit unseren Mitgliedern natürlich auch. Vielen Dank Herr Dr. Wilke für die Zeit, die Sie sich für dieses Interview genommen haben.

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