AutorIn
Dr. Heinz Steveling, so erschienen im Alpha1-Journal 1/2024.
Basisinformationen
Zunächst sei kurz erläutert, was die Begrifflichkeit „heterozygote Merkmalsträger“ bedeutet. Vereinfacht ausgedrückt, besitzt jeder Mensch einen doppelten Satz an Chromosomen, auf denen sich die Gene mit den Erbinformationen befinden. Jedes Gen wird einmal von der Mutter und einmal vom Vater vererbt. Bei einer heterozygoten Mutation liegt eine Veränderung in einem Gen auf nur einem der beiden vererbten Chromosomen vor. Das andere Chromosom enthält jedoch immer noch die ursprüngliche und unveränderte Genvariante.
Ein Alpha-1 Antitrypsin-Mangel (AATM) wird durch einen Defekt in einem Gen auf dem Chromosom 14 ausgelöst. Das Gen kann entweder normal sein (M-Gen) oder verschiedene Mutationen aufweisen. Die meisten Menschen mit einem AATM weisen eine Z-Mutation auf.

PiMZ
Heterozygote Merkmalsträger, sogenannte PiMZ haben von einem Elternteil das gesunde M-Gen und vom anderen Elternteil die Z-Mutation geerbt. Die Aktivität des Alpha-1-Antitrypsins ist durch die Mutation auf etwa 60 % gegenüber der Norm reduziert.
Lange Zeit wurde geglaubt, dass die heterogenen Merkmalsträger PiMZ, mit nur einem mutierten Z-Gen nicht wesentlich risikobehafteter wären als Merkmalsträger PiMM mit zwei normalen M-Genen – zumal Abweichungen hinsichtlich
der Entwicklung der Lunge im Vergleich zu PiMM kaum erkennbar waren.
Aufgrund der inzwischen deutlich verbesserten diagnostischen Möglichkeiten, wie z.B. der Lungenfunktionsdiagnostik, der Ergospirometrie und der Computertomografie zeigt sich jedoch, dass auch PiMZ´ler einer höheren ärztlichen Aufmerksamkeit bedürfen.
Insbesondere vergleichende Untersuchungen der hochauflösenden Computertomographie dokumentieren z.B. Veränderungen in der Lunge im Sinne eines Lungenemphysems.
Veränderungen des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels, die sowohl die Lunge als auch die Leber betreffen können, sind bei PiMZ allerdings deutlich geringgradiger als bei PiZZGendefekten, bei denen Mutationen auf beiden Chromosomen vorliegen. Die Empfehlungen für heterozygote Merkmalsträger PiMZ in Bezug auf die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse lauten:
- jährliche Kontrolle der Lunge und der Leber
- erhöhte Aufmerksamkeit bei Vorliegen einer nichtalkoholischen Fettleber (Gewicht beachten)
- erhöhte Aufmerksamkeit bei regelmäßigem Vorliegen einer Hyperreagibilität (erhöhten Empfindlichkeit der Bronchien) und ggf. bei entsprechender Symptomatik Einsatz einer inhalativen Therapie
- Impfprophylaxe, um Infektionen zu vermeiden bzw. deren Auswirkung zu mildern, wie z.B. Grippe, Pneumokokken, Corona, Keuchhusten etc.
- Genetische Beratung bei vorhandenem Kinderwunsch
- Berufsberatung bei jungen Erwachsenen
MZ und die Galle
Eine aktuelle Auswertung einer britischen Biobank mit 450.000 Teilnehmern dokumentiert, dass MZs eine fast zehnmal höhere Prävalenz (Anzahl von Erkrankungen) der Gallenwege aufweisen, ebenso eine drei- bis viermal höhere Prävalenz nichtalkoholischer Lebererkrankungen und eine etwa sechsmal höhere Prävalenz von krankhaften Veränderungen der Leberfunktion. Diese Ergebnisse bestätigen und unterstützen die Annahme, dass auch MZs ein erhöhtes Risiko für Gallensteine haben.
Quelle: www.alpha1mz.org
Frühere Studien hatten bereits auf ein erhöhtes Risiko für Gallensteine bei fortschreitender Leberfunktionsstörung – insbesondere bei Männern – hingewiesen.
Quelle: Hepatogastroenterologie, 1999; 46(29):2946-50

Grundsätzlich sind Gallensteine mit rund 20 % aller Bundesbürger eine häufig vorkommende Erkrankung. Betroffene wissen häufig nicht, dass sie Gallensteine haben, da Beschwerden in Form von Koliken erst dann auftreten, wenn die Gallensteine zu wandern beginnen. Typische Beschwerden einer Gallenkolik sind krampfartige Schmerzen, beginnend im rechten Oberbauch, die weiter nach oben bis in die rechte Schulter wandern – oftmals einhergehend mit Übelkeit, Erbrechen und Atembeschwerden.
Ist die Bauchspeicheldrüse beteiligt, können sich Komplikationen einstellen, denn die Bauchspeicheldrüse, deren Drüsensaft zur Eiweiß-, Fett- und Kohlenhydratverdauung benötigt wird und die Gallenflüssigkeit, deren Hauptaufgabe die Fettverdauung ist, münden gemeinsam in einem Gang, in den Dünndarm. Ein Verschluss kann eine lebensbedrohliche Situation hervorrufen. Wichtig daher: Gallensteine möglichst frühzeitig zu diagnostizieren.
Auslöser für eine Gallenkolik können beispielsweise fettige Mahlzeiten, aber auch Ärger und Stress sein. Eine auftretende Gelbsucht und Oberbauchbeschwerden sind immer Alarmsignale und zeigen an, dass der Gallensaft nicht mehr abfließen kann. Sofortiges Handeln ist dann erforderlich.
Klassischerweise werden Gallensteine mittels der sogenannten Bauchsonografie, dem Ultraschall, diagnostiziert.
Therapeutisch können Gallensteine bei bestimmten Voraussetzungen (kleine Steine, kein Kalk) medikamentös aufgelöst oder mittels Stoßwellen verkleinert werden – beide Optionen gehen einher mit dem Risiko, dass kleinere Gallensteine anfangen zu wandern.
Eine operative Entfernung der Gallenblase kann inzwischen minimalinvasiv mittels Schlüssellochverfahren erfolgen und bedeutet in den meisten Fällen keine gesundheitlichen
Beeinträchtigungen.
Zusammenfassung: Sabine Habicht
Das Fazit für MZs lautet:
- Bei Ultraschalluntersuchungen der Leber sollte auch auf die Beurteilung der Gallenblase Wert gelegt werden.
- Die reine „Trägerschaft“ bzw. das reine Vorhandensein von Gallensteinen bedarf in der Regel nur diätetischer Maßnahmen und einer Gewichtsnormalisierung.
- Bei der ersten gallensteinbezogenen Symptomatik an eine Therapie denken – möglicherweise an eine operative Entfernung der Gallenblase.
- Ist Ihnen das Vorliegen von Gallensteinen bekannt und treten stärkere Beschwerden auf, sollten Sie rasch einen Arzt aufsuchen, um den Verdacht eines Gallensteinproblems vor möglicherweise auftretenden lebensbedrohlichen Komplikationen unverzüglich abklären zu lassen.