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Alpha1 Deutschland e.V., so erschienen im Alpha1-Journal 1/2023.

Leo E. Knöll

Hurra, ich habe die ersten Wochen meiner Substitution zum Ausgleich meines Alpha-1-Antitrysin-Mangels geschafft. Zur Vorgeschichte und zu mir: Ich habe ein progredientes, apikal betontes Lungenemphysem mit begleitenden Bronchiektasen. Die Diagnose Alpha1 Antitrypsin Mangel wurde bereits 1994 gestellt (PiZZ). Der Alpha-1 Spiegel ist mit < 30 mg/dl relevant erniedrigt.

Ich bin 72 Jahre alt, wiege 84 kg und bin 1,94 cm lang. Bis Mitte meiner 30er-Jahre habe ich gerne geraucht. 2015 sprach mein Pneumologe zum ersten Mal von einer Substitution bei schwerem Alpha 1 AT Mangel. Entweder habe ich nicht verstanden, was dies bedeutet oder ich hatte nicht richtig hingehört. Jedenfalls habe ich wegen fehlender freier Termine – damals hatte ich zeitaufwändige ehrenamtliche Aufgaben und zahlreiche Hobbys – dafür keine Zeit. So ein Unsinn! „Wer glaubt, keine Zeit für seine Gesundheit zu haben, wird früher oder später Zeit zum Kranksein haben müssen.“ (Chinesisches Sprichwort)

Erst als im Laufe der Zeit meine Kurzatmigkeit immer mehr wurde und diese auch nicht durch vermehrten Freizeitsport wie strammes Gehen oder Radfahren besser wurde, bin ich das Thema Substitution 2022 vertieft angegangen; gut begleitet von meinem Hausarzt und dem Pneumologen meines Vertrauens.

Lungenfunktionell hatte ich trotz der Beschwerden eine normale FEV 1 von 103 %. Allerdings zeigte sich in der Diffusionsmessung über die Jahre hinweg eine progrediente Diffusionsstörung mit nun mittlerweile schwerer Diffusionsstörung bei schwer reduziertem Transferfaktor.

Mit der Frage nach einer off Label Therapie (da FEV 1-normwertig) stellte ich mich im Alpha1 Zentrum der Uniklinik Aachen vor. Hier war ich bereits als Alpha1 Patient mit Verdacht auf Leberzirrhose im Studienzentrum von Prof. Strnad Patient. Zum Glück hatte sich dieser Verdacht nicht bestätigt. Basierend auf den mitgebrachten Befunden, die bereits im Vorfeld sehr umfangreich erhoben wurden (CT Thorax, Lungenfunktionen mit zeitlichem Verlauf), wurde ich in der pneumologischen Sprechstunde von Frau Dr. Smith beraten.

Nach Sichtung und Auswertung der Befunde bestätigte das Team der Uniklinik Aachen die Indikation für eine Substitutionstherapie. Auch wenn die FEV 1 bei mir noch normwertig war, so zeigte sich in der Bildgebung und lungenfunktionell ein progredientes Lungenemphysem trotz absoluter Nikotinkarenz seit der Diagnosestellung. Aus diesem Grund musste kein off Label Antrag gestellt werden, sondern die Therapie konnte basierend auf den Befunden bei klinisch, bildmorphologisch und lungenfunktionell progredientem Emphysem eingeleitet werden.

„Wer glaubt, keine Zeit für seine Gesundheit zu haben, wird früher oder später Zeit zum Kranksein haben müssen.“

Seit November 2022 erfolgt die wöchentliche Substitution in der Praxis meines Hausarztes. Dieses Verfahren wird mich mein restliches Leben begleiten, aber besser als ein schleichender Abbau meiner Lungenkapazität. Es wird nicht besser, aber hoffentlich nur langsam schlechter. Wer sich fragt, wo mein guter FEV1 Wert herkommt: Ich spiele seit fast 60 Jahren Holzblasinstrumente, seit einigen Jahre nur noch Saxophon, da die Klarinette einen zu hohen Druck aufbaut. Von einigen Ärzten wird hier ein Zusammenhang gesehen.

Also scheint ein Training der Lunge, wie auch immer, hilfreich beim Ausgleich der Einschränkungen eines Lungenemphysems zu sein. Nicht jeder kann und will ein Blasinstrument spielen, aber es gibt Möglichkeiten in jeder Form, die Lunge zu stärken.

Warum ich alles aufschreibe: Ich möchte allen Mut machen, die aus welchen Gründen auch immer darin gehindert werden, gegen die AAT Mangelerkrankung anzugehen. Es lohnt sich zu kämpfen und die leider zu wenig bekannten Auswirkungen des ATT Mangels bekannt zu machen. Man braucht leider oft einen langen Atem.

Christine Stukan und Luise Behrens

Die Heiminfusion macht uns unabhängig von Zeit und Ort. Wir sparen uns, den Ärzten und deren Personal viel Zeit und Ressourcen. Die fixen, wöchentlichen Arzttermine entfallen, immerhin seit unserer Diagnose 600 bzw. 700 Termine. Im Urlaub nehmen wir unsere Medikamente samt Zubehör einfach mit.

Die Indikation homozygoter Alpha-1-Antitrypsin-Mangel kam 2009 bei mir und bei meiner Schwester 2011. Seit Beginn bekamen wir beide wöchentlich in der Lungenfacharztpraxis die Substitution mit Prolastin. Ich in München und meine Schwester in Weinheim. 2017 wurde ich auf Empfehlung meiner Pneumologin auf Respreeza umgestellt. Das Handling ist viel einfacher, da es in der Regel nur eine Flasche mit der entsprechenden Einheit zu infundieren gibt. Zudem besteht die Möglichkeit der Heimselbsttherapie. Aber sich selbst die Nadel legen? Für mich kam das nicht infrage.

Im Frühling 2022 zog ich von München zu meiner Schwester nach Weinheim. Erst nach längerem Suchen fand ich einen Arzt, der bereit war, mir die wöchentliche Infusion zu verabreichen. Die Infusionstherapie stellt die Arztpraxen vor große Herausforderungen. Man blockiert wöchentlich für ca. 1 ½ Stunden eine Mitarbeiterin und ein Zimmer in der Praxis. Immer mehr Ärzte bieten diese Möglichkeit nicht mehr an. So entstand die Idee, uns gegenseitig die Nadel zu legen und in Heimselbsttherapie das Medikament zu verabreichen.

Über Alpha1 Deutschland e.V., die Thoraxklinik und CLS Behring bekamen wir die nötigen Informationen. Auch hatten wir die Zusage unserer Ärzte, sollte es zuhause nicht funktionieren, jederzeit wieder in die Praxis zurückkommen zu dürfen. Gesagt, getan, platzierten wir unser Anliegen in der Alpha-1-Ambulanz der Thoraxklinik und dann ging es auch schon los. Wir mussten uns nur um die Überweisung vom Pneumologen und die Termine kümmern. Drei Schulungstermine in der Klinik waren vorgesehen, wobei da auch meine Schwester auf Respreeza umgestellt wurde.

Beim ersten Termin erklärte uns die Ärztin alle nötigen Schritte und Aktionen sehr ausführlich und detailliert:

  • Welches Zubehör und welche Utensilien werden benötigt
  • Vorbereitung des Arbeitsbereiches auch hinsichtlich Sterilität und Desinfektion
  • Auflösung des Medikaments, Infusionsbesteck anbringen, Medikament durchlaufen lassen bis zum Entlüften des Systems
  • Vorbereitung des Patienten mit Venen stauen, Punktionsstelle herausfinden und desinfizieren
  • Natürlich selber Hände gründlich waschen und ausreichend desinfizieren
  • Punktieren mit Butterfly-System; Blutrücklauf prüfen und das System dann mit dem vorbereiteten Infusionsbesteck verbinden
  • Wenn man alles richtig gemacht hat, sollte es nach Öffnung des Infusionsbestecks laufen
  • Ist das Medikament durchgelaufen, Umstecken auf Kochsalzlösung, um das restliche Respreeza aus dem Infusionsbesteck zu infundieren
  • Am Ende die Nadel ziehen, die Stelle mit Druckverband versorgen, mit dem Hinweis auf Venenpflege

In den beiden folgenden Terminen wurden wir von einer Krankenschwester (MFA) angeleitet. Wir führten die nötigen Schritte unter ihrer Überwachung zunehmend selbstständig durch. Ein bisschen aufgeregt waren wir schon. Erfreulicherweise hat alles gut funktioniert und wir haben unsere erste Punktion erfolgreich durchgeführt. Dadurch haben wir erheblich an Selbstvertrauen und Sicherheit gewonnen.

Jetzt ging es zuhause weiter. Die Krankenschwester begleitete uns so lange, wie wir es für wichtig und nötig gehalten haben. Sie hatte pragmatische und einfache Lösungen für die Abläufe daheim. Alle von uns aufkommenden Fragen und Unsicherheiten wurden besprochen und ausgeräumt. Natürlich ging auch mal was schief: Einmal haben wir uns verstochen, wovor wir echt Angst hatten; ein anderes Mal wollte die Infusionslösung nicht in die Armvene laufen. Die Krankenschwester hatte hierfür wertvolle Tipps und Tricks. Auf unseren Wunsch hin wurde der Mann meiner Schwester auch noch geschult. Die Krankenschwester empfahl uns, auch bei uns selbst mal die Nadel zu legen. Das bedeutete große Überwindung, was letztendlich aber zu unserer Freude problemlos geklappt hat.

Das Medikament wird wie gehabt durch unsere Pneumologin bestellt und durch uns abgeholt. Das Zubehör wird überwiegend rezeptiert und somit von der GKV übernommen.

Die optimistische und sehr freundliche Art, die qualifizierte und kompetente Schulung und Begleitung sowie die vollumfängliche Unterstützung der Ärztin und der Krankenschwester haben das alles möglich gemacht und uns die Sicherheit vermittelt, dass wir das schaffen werden. Und wir hatten am Ende alle auch noch viel Spaß dabei.

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