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Verbesserte Berücksichtigung der Interessen von Empfängern von Blutplasma-Produkten in der EU-Verordnung „Substances of Human Origin (SoHO)“

AutorIn

Dr. Heinz Stutzenberger, 2. Vorsitzender
Alpha1 Deutschland e.V.

Viele Menschen in der EU sind auf blutplasmabasierte Produkte angewiesen:

  • Menschen mit seltenen Krankheiten benötigen Plasmabestandteile, um ein menschenwürdiges bzw. halbwegs normales Leben führen zu können, oder um eine Verlängerung ihres ansonsten stark verkürzten Lebens zu erreichen
  • in manchen Akut-Situationen, wie z.B. bei Operationen, kann die Verfügbarkeit von Plasmaprodukten über Leben oder Tod entscheiden

Unser Verein vertritt die Interessen von zurzeit 980 Menschen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM). Ihnen fehlt erblich bedingt eine ausreichende Menge an AAT im Blut, was typischerweise bereits in jungen Jahren zu einer schleichenden Verschlechterung der Lungenfunktion führen kann, und wodurch die durchschnittliche Lebenserwartung der Betroffenen signifikant sinkt. Die Geschwindigkeit der Verschlechterung der Lungenfunktion kann durch die wöchentliche intravenöse Gabe von aus menschlichem Blutplasma gewonnenem AAT verringert werden.

Innerhalb der EU wird nur in sehr wenigen Ländern genügend Blutplasma zur Versorgung der eigenen Empfänger von Blutplasma-Produkten gesammelt, nämlich ausschließlich in denjenigen, wo nebeneinander öffentliche und privatwirtschaftlich organisierte Blut- und Plasma-Spendeeinrichtungen existieren. Insgesamt ist die EU aber massiv von Importen aus den USA abhängig. Eine Verknappung der Importe während der Corona-Epidemie hat zu Versorgungsengpässen bei Teilen der europäischen Empfänger geführt, mit der Konsequenz, dass ein breiter Konsens erreicht wurde dahingehend, dass mittlerweile eine autarke Versorgung der EU mit Blutplasma ein hohes gesundheitspolitisches Ziel darstellt. Zur Erreichung dieses Zieles muss die Bereitschaft zur Plasmaspende in der Bevölkerung erhöht werden, und gleichzeitig müssen adäquate politisch-organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um mehr Blutplasma gewinnen und verarbeiten zu können.

Aktuell bereitet das EU-Parlament eine Verordnung im Bezug auf „Substances of Human Origin“ vor, in welcher im aktuellen Entwurfsstadium fatalerweise Bestimmungen enthalten sind, die vollkommen konträr zu diesen Zielen stehen und deren Erreichung erschweren bzw. sogar verhindern werden:

  • zum einen wird im aktuellen Entwurf die Plasmaspende als erhebliches Risiko für die Gesundheit des Spenders eingestuft
    • was die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung bremsen wird
    • wofür es aber keinerlei wissenschaftliche Belege gibt, sondern wissenschaftliche Studien belegen genau das Gegenteil (u.a. weil das gespendete Plasma sehr genau untersucht wird und dadurch Erkrankungen des Spenders frühzeitig erkannt werden)
    • was zu einer unnötig niedrigen Anzahl zulässiger jährlicher Plasmaspenden führt, wodurch das Plasma-Spendenpotential nur unvollständig ausgeschöpft wird
  • zum anderen werden die Maßstäbe an mögliche Aufwandsentschädigungen für Spender sehr restriktiv formuliert
    • begründet mit der vermeintlichen Notwendigkeit des Schutzes von Blutspenden an öffentliche Institutionen, zur Verhinderung des sog. „Crowding-out“
    • obwohl gerade die Beispiele der o.g. autarken EU-Länder zeigen, dass öffentliche und privatwirtschaftliche Blut- und Plasmaspende-Organisationen zusammen notwendig sind, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten, und deren gedeihliche Koexistenz durch kluge Regelungen sichergestellt werden kann

 

Wir fordern deshalb:

  • Verzicht auf die Einordung der Blutplasmaspende als gesundheitliches Risiko für den Spender
  • Zulassung von Kompensationsmöglichkeiten für die Aufwendungen der Spender in einer Höhe, dass neben dem öffentlichen Sektor die Einrichtung von Spendezentren in privatwirtschaftlicher Trägerschaft attraktiv wird bzw. bleibt
  • stärkere Berücksichtigung der Interessen der Empfänger von Blutplasma-Produkten in der SoHO-Verordnung, insbesondere die Sicherheit der Versorgung mit Blutplasmaprodukten in Europa ohne die Abhängigkeit von Importen

 

Mehr Informationen zur SoHO Verordnung hier:

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