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Heike Georg, Redaktionsteam Gesundheitsplattform leichter-atmen.de. So erschienen im Alpha1-Journal 1/2022.

Wenn wir – wie alle es heute tun – schnell mal googeln, finden sich eine Vielzahl von Einträgen zu „Atemtherapie“, „Atemtraining“ oder dem häufig verwendeten Begriff „Lungentraining“. Ganz oben bei „Doc Google“ finden sich Sätze wie:

  • „Singen ist ein tolles Atemtraining“ oder „Eine Atemtherapie wirkt wie eine Massage und Sauerstoffdusche von innen“.
  • Das ist nicht völlig falsch, jedoch wenig hilfreich, wenn es um chronische Atemwegserkrankungen geht.

Die Lunge ist nicht trainierbar

Im Gegensatz zu unserem Herz hat die Lunge selbst keine Muskulatur. Deswegen können wir unsere Lunge nicht wirklich trainieren. Denn nicht sie steuert unsere Ein- und Ausatmung, sondern die Atemmuskulatur. Ca. 90 Prozent der Kraft bei der Einatmung, die aktiv stattfindet, erzeugt unser Zwerchfell. Die Lunge dehnt sich beim Einatmen aus und das Zwerchfell verschiebt sich nach unten. Die Ausatmung findet in unserem Alltag ohne Belastung passiv statt – sie kann durch Anspannung der Atemhilfsmuskulatur und der Bauchmuskulatur verstärkt werden.

Atemmuskulatur: Zentraler Atemmuskel ist das Zwerchfell (Diaphragma), ergänzt um die Interkostalmuskulatur (sie hebt und senkt die Rippen und bewirkt so eine Inspiration und Exspiration). Die Musculi intercostales interni werden bei der forcierten Atmung zur Exspiration, die Musculi intercostales externi zur Inspiration genutzt.

Atemhilfsmuskulatur: Dazu zählen einige Muskeln der Hals- und Brustmuskulatur sowie die Bauchmuskulatur. Sie können bei Bedarf die Inspiration oder die Exspiration unterstützen.

Damit Luft sich bewegen kann, braucht es Druckdifferenzen

Bei der Einatmung zieht sich das Zwerchfell zusammen. Dadurch wird der Raum im Brustkorb größer, die Lunge wird aufgespannt. So kann die mit Sauerstoff (O2) angereicherte Luft bis in die kleinsten Atemwege und die Alveolen (Lungenbläschen) vordringen. Durch den Zug der Muskulatur entsteht im Brustkorb bis in die Alveolen ein Unterdruck (negativer Druck).
Bei der Ausatmung entspannt sich das Zwerchfell; der Raum für die Lunge wird kleiner. Ein positiver Druck entsteht, der die mit Kohlendioxid (CO2) angereicherte Luft aus den Alveolen herausdrückt.

Atemmuskeltraining und Atemphysiotherapie mit Hilfsmitteln:

Unter dem Begriff der „atemtherapeutischen Maßnahmen“ versteht man sowohl das Atemmuskeltraining, wenn die forcierte Atmung gezielt zur Steigerung von Kraft und Ausdauer eingesetzt wird, als auch die Atemphysiotherapie, wenn die prolongierte Atmung gezielt zur Verringerung der Atemfrequenz und zur Verlängerung der Atemzüge eingesetzt wird.

Das Training spricht gezielt die Muskulatur an und findet über die Einatmung statt, die Physiotherapie spricht gezielt die Atemwege an und wird über die Ausatmung durchgeführt.

Die Ausatmung braucht ebenso Beachtung wie die Einatmung

Der O2-CO2-Austausch, auch als Gasaustausch bekannt, ist für uns lebensnotwendig. Allerdings ist nicht nur die Sauerstoffaufnahme enorm wichtig, sondern genauso auch das Abatmen des CO2. Daher ist das „richtige“
Atmen so wichtig. Insbesondere Patient:innen mit Atemwegserkrankungen sind heutzutage oft in einer negativen Atemwegsspirale verhaftet. Die Angst vor Atemnot oder Schmerzen verleitet dazu, zu kurz ein- und wieder auszuatmen. In diesem Fall hilft es, den Atemzyklus zu verlängern und/oder die Atemfrequenz zu reduzieren. Dabei sollte die Ausatmung (wenn möglich) doppelt so lange dauern wie die Einatmung; so kann genügend CO2 abgeatmet werden.

Übersicht Atemmanöver

Exspiratorisch: Über die Ausatmung

  • PEP: Positive Expiratory Pressure (positiver Ausatemdruck)
  • Funktion: Prolongierte/Verlängerte Ausatmung  gegen einen Widerstand
  • Wirkung: Hält die Atemwege offen
  • OPEP: Oscillatory Positive Expiratory Pressure (oszillierender positiver Ausatemdruck)
  • Funktion: Prolongierte/Verlängerte Ausatmung gegen wechselnde Widerstände und daraus resultierende Schwingungen
  • Wirkung: Löst festsitzendes Sekret
  • EMT/EMP: Expiratory Muscle Training (Ausatem-Muskeltraining)
  • Funktion: Forcierte/Kräftige, schnelle Ausatmung gegen einen Widerstand
  • Wirkung: Kräftigt die Atemhilfsmuskulatur (bis zur Anspannung der Bauchmuskulatur)

Inspiratorisch: Über die Einatmung

  • IMT: Inspiratory Muscle Training (Einatem-Muskeltraining)
  • Funktion: Forcierte/Kräftige, schnelle Einatmung gegen einen Widerstand
  • Wirkung: Verbessert Kraft und Ausdauer
  • OIMT: Oscillatory Inspiratory Muscle Training
  • Funktion: Forcierte/Kräftige, schnelle Einatmung gegen wechselnde Widerstände, dadurch entstehen Schwingungen
  • Wirkung: Verbessert die Kraft und löst festsitzendes Sekret
  • ONIP: Oscillatory Negative Inspiratory Pressure (oszillierender negativer Einatemdruck)
  • Funktion: Prolongierte/Verlängerte Einatmung gegen wechselnde Widerstände, daraus resultierende Schwingungen
  • Wirkung: Verbessert die Ausdauer und löst festsitzendes Sekret

Ein gesunder, in Ruhe atmender Erwachsener, kommt oft auf nur 10 – 15 Atemzüge in der Minute. Mit einer Atemwegserkrankung ist es häufig der Fall, dass über 30- bis sogar 50-mal in der Minute ein- und wieder ausgeatmet wird. Daher ist es hilfreich, prolongierte, also verlängerte Atemmanöver durchzuführen. Da bei dieser Art der Atmung keine Muskeln trainiert werden, spricht man auch hier von einer Therapie. Dabei ist es wichtig, neben der zeitlichen Dauer des O2-CO2-Austauschs auch die Größe des Lungenvolumens zu betrachten. Ist die Zugkraft des Zwerchfells reduziert, kann während der Einatmung nur ein Bruchteil der notwendigen Sauerstoffmenge aufgenommen werden. Entsprechend spielt die Zugkraft des Zwerchfells eine weitere wichtige Rolle. Die Kraft kann durch ein forciertes Atemmanöver mit entsprechenden Widerständen, genau wie bei anderen Muskelgruppen auch, trainiert werden. Hier sprechen wir von Atemtraining. Dieses Atemmanöver steht konträr zum prolongierten Manöver.

Einsatz von Hilfsmitteln in der Atemtherapie und dem Atemtraining

Ergänzend zu einer Therapie mit Hilfe von Medikamenten ist es sinnvoll, dass Patient:innen ihren Körper unterstützen. Unter nicht-medikamentöse Maßnahmen fallen verschiedene Möglichkeiten, die insgesamt das Atmen wieder leichter machen können. Dazu zählen neben
einer gesunden Ernährung und Lungensport auch gezielte Atemübungen – besonders effektiv mit der Verwendung von Hilfsmitteln.1 Handliche Geräte (VRP1-Flutter, RC-Cornet® und RC-Cornet® PLUS, acapella, Choice, Pari-PEP-System, PEP-Maske), mit deren Hilfe ein positiver exspiratorischer Druck (PEP) aufgebaut wird, sind potenziell auf der einen Seite in der Lage, Bronchialverschlüsse durch Instabilität der Bronchialwände zu verhindern oder zumindest zu verringern, auf der anderen Seite durch den Überdruck und die nachfolgende Erweiterung der Bronchien Sekret von den Bronchialwänden zu lösen, das mittels Huffing aus dem Bronchialbaum entfernt werden kann.

Mann bei der Atemtherapie

Für die Atemphysiotherapie, bei der auch Sekret gelöst werden soll, haben sich oszillierende Therapiegeräte bewährt. Denn diese helfen durch ihre Vibrationen Schleim zu lösen, leichter abzuhusten und die Atemwege zu weiten, sodass die Atmung erleichtert werden kann.1 Das RC-Cornet®/RC-Cornet® PLUS ist eines der oszillierenden Hilfsmittel, mit dem Vorteil, dass es lagenunabhängig eingesetzt werden kann. Die Therapiegeräte sind bei entsprechender Diagnose verordnungsfähig (und können im jährlichen Rhythmus neu verordnet werden).

Ebenso gibt es eine Vielzahl an Atemtrainern auf dem Markt.2 Speziell für Atemwegspatient:innen z. B. Powerbreath Medic oder das RC-FIT® CLASSIC, welches Atemtherapie mit Training sowie Oszillation und Entspannung verbindet.

Prinzipiell kann jeder Patient ein Programm mit Atemtherapie und Atemtraining eigenständig zu Hause durchführen. Mit und auch ohne Hilfsmittel.

1 Seite 279, 6.2.6 Hilfsmittel zur Sekretelimination
2 www.leichter-atmen.de/atemtherapiegeraete

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