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Bernd Dobbert, so erschienen im Alpha1-Journal 1-2024.

Als ich vor einigen Monaten von der Alpha-1 Europe Alliance gefragt wurde, ob ich Interesse an einem Vortrag auf einer Konferenz zum Thema „Neuregulierung von Substanzen menschlichen Ursprungs“, also zum Beispiel Blutplasma, sprechen wolle, habe ich spontan zugesagt.

Der Vorstand von Alpha-1 Europe Alliance meldete mich daraufhin an, für die sogenannte SoHO Konferenz am 24. Juni in Brüssel, ausgerichtet von der Europäischen Gesundheitsunion, einer Organisation unter Leitung der EU-Kommission zur sicheren Versorgung der EU-Bürger mit medizinischen Produkten.

Natürlich hatte ich mich auf ein wenig Arbeit eingerichtet, aber in den ersten Tagen nach der Anmeldung sprudelte mein E-Mail-Account vor E-Mails über: Bitte bestätigen Sie Ihre Teilnahme. Bitte registrieren Sie sich. Bitte bestätigen Sie, dass Sie als Redner teilnehmen. Bitte melden Sie sich im EU Online-Tool an. Sie müssen sämtliche Reiseunterlagen online zur Abrechnung einreichen, und, und, und.

Davon unabhängig gab es Terminvorgaben: Bitte reichen Sie einen professionellen Lebenslauf bis zum soundsovielten ein, bitte übersenden Sie ein aktuelles, professionelles Foto, anbei eine Vorlage der Folien, die Sie bitte mit Inhalt füllen und uns bis spätestens xxx übersenden müssen.

Zusätzlich erhielt ich vorläufige Programme, professionelle Anreiseinformationen und in sehr freundlichem Ton gehaltene Mails zu unterschiedlichen Themen.

Plötzlich hatte ich sehr viel Arbeit, viel mehr als ich mir vorher hatte vorstellen können. Ich stürzte mich in die gestellten Aufgaben, verschickte Fotos, einen Lebenslauf und schließlich auch die fertigen Folien. Ein besonderer Dank gilt dabei unserem Vorstandsmitglied Heinz Stutzenberger, der mich während des gesamten Vorbereitungszeitraums sehr intensiv unterstützt und mich mit vielen wichtigen Informationen versorgt hat.

Der große Tag rückte immer näher und schließlich stieg ich am Sonntag, dem 23. Juni 2024 in den ICE von Köln nach Brüssel. In knapp zwei Stunden war ich dort, nahm die nächste Metro zur Station Schumann und fand auch schnell mein Hotel in der Nähe des Konferenzortes.

Am nächsten Morgen begab ich mich zum Konferenzort, wo ich mich in einer großen Schlange zur Anmeldung wiederfand. Eine halbe Stunde später war ich mit einem Tagesausweis und einem Sprecherbadge ausgestattet. Es war noch ein wenig Zeit bis zum Beginn der Konferenz und ich schaute mich um. Englisch, Spanisch, Deutsch und viele andere Sprachen konnte ich bei den Unterhaltungen am Kaffeetisch heraushören. Es gab viele Wiedersehen, freudige Umarmungen und Gespräche über den letzten Urlaub. Man kannte sich. Für mich galt dies nicht, ich kannte niemanden. So war ich froh, als mich einer der Organisatoren kurz begrüßte und mich der Moderatorin vorstellte, mit der ich auch schon über E-Mail Kontakt gehabt hatte.

Bald konnten wir unsere Plätze im Konferenzraum einnehmen. Etwa 200 Teilnehmer verteilten sich im fensterlosen, schmucklosen Raum. Aufgrund des großen Interesses gab es einen Onlinezugang, über den man die Konferenz live anschauen konnte.

Tamsin Rose, die Konferenzleiterin, sorgte von Beginn an für einen reibungslosen Ablauf. Der Zeitplan musste zwingend eingehalten werden, sonst hätten wir bei der hohen Anzahl von Rednern wahrscheinlich mehrere Tage dort sitzen müssen.

Die EU-Kommissarin für Gesundheit, der spanische Gesundheitsminister, der stellvertretende Direktor für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – einer nach dem anderen kam zu Wort. Die gesamte Konferenz fand auf Englisch statt, so dass man sich wegen Themen und Sprache sehr konzentrieren musste.

Worte, Worte, Worte, viele unterschiedliche Organisationen, Interessensverbände, Koordinatoren, Profit- und Non-Profit-Organisationen, Lobbyisten aus vielen europäischen Ländern – bald schwirrte mir der Kopf vor lauter Abkürzungen, aber es war auch spannend, interessant und lehrreich. Ein kleiner Einblick in unser Europa, wie es funktioniert, wie die Abläufe sind und wie Gesetzesvorlagen umgesetzt werden. Ich durfte in eine Welt hineinschnuppern, von der ich mir bisher nur aus Presse und Zeitungsartikeln eine Meinung hatte bilden können.

Der Vormittag verging wie im Flug und schon kam die Mittagspause. Es wurden Getränke, leckere Salate und kleine Snacks gereicht. Ich unterhielt mich mit einer Dame, die neben mir ebenfalls als Patientin eingeladen war. Es war sehr interessant, von einer MS-Patientin aus Norwegen zu erfahren, dass sie vor fünf Jahren eine Stammzellentherapie in einem Krankenhaus in Moskau erhalten hatte. Ihre Erzählungen haben mich sehr beeindruckt.

Plötzlich stürmten zwei Damen auf mich zu, drückten mir die Hand und stellten sich vor. Fernanda Aspilche und Veronica Lopez von der Alpha-1 Europe Alliance hatten mich gesucht und gefunden. Schnell entwickelte sich ein interessantes Gespräch. Ich erfuhr viele weitere Details. Sie stellten mich auch noch dem ein oder anderen Teilnehmer vor. Tamsin Rose sprach mich an und lobte uns wegen der perfekten Aufmachung unserer Präsentation. Sie hätten unsere Folien als Vorlage genommen und an alle Redner geschickt, damit sie die Folien ähnlich aufbauen sollten. Der Tag machte mir, neben aller Wichtigkeit für unsere Organisation, immer mehr Spaß.

Nach der Mittagspause rückte mein Auftritt näher. Schließlich war es soweit und Tamsin Rose rief mich ans Rednerpult. Ich war, ehrlich gesagt, schon aufgeregt und hielt das Mikrofon zunächst viel zu weit vom Mund entfernt. Aber nach diesem ersten kleinen Wackler war das Eis gebrochen. Ich erzählte meine Geschichte mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, an der, wie ich wahrnahm, viele Zuhörer sehr interessiert Anteil nahmen. Im zweiten, kürzeren Teil meines Vortrages ging ich auf die Auswirkungen des neuen Gesetzes in Bezug auf die für uns wichtigen Blutplasmaspenden ein.

Dabei ging es um zwei Aspekte: Der erste Punkt betraf die Sicherheit der Spender und Empfänger. Hier hat das Gesetz die Spender hervorragend geschützt. Damit sind auch wir Empfänger auf der sicheren Seite. Ein europaweites Gesetz zum Schutz aller Spender ist wichtig und wird in Zukunft umgesetzt werden. Dies habe ich entsprechend positiv kommentiert. Beim zweiten Punkt ging es um eine gesicherte Versorgung mit Blutplasma für alle Patienten in Europa. Ich wies darauf hin, dass es nach wie vor nicht genug Spender gäbe. Insofern regte ich in Abstimmung mit der Alpha-1 Europe Alliance an, dass eine bescheidene Entschädigung vielleicht zu einer größeren Anzahl von Spendern führen würde.

Nach Ende meines Vortrags gab es die letzte Kaffeepause. Viele Teilnehmer kamen auf mich zu, beglückwünschten mich zu meinem Vortrag und es ergaben sich weitere interessante Gespräche. So habe ich nun einige neue Kontakte und viele Visitenkarten. Schließlich wurde ich noch einmal angesprochen und es gab die erste Kritik. Eine Entschädigung der Spender sei nicht erforderlich, es gäbe genug Blutplasma, war der hauptsächliche Kritikpunkt. Nach diesem Gespräch informierte ich Fernanda Aspilche, die Vorsitzende der Allianz. Veronica Lopez reagierte umgehend und die sozialen Netzwerke erhielten eine schriftliche Stellungnahme zur Position der Allianz und unserer Position als unabhängige Patientenorganisation. Bald begann der letzte Sitzungsteil, der am späten Nachmittag mit einem Cocktailempfang endete. Nach den letzten interessanten Gesprächen verließ ich den Konferenzort und eilte zum letzten Eurostar, der mich zurück nach Köln brachte.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass es für mich eine schöne Erfahrung und ein kleines Abenteuer war und so ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Sollte sich noch einmal eine Gelegenheit ergeben, bin ich auf jeden Fall sehr gern wieder dabei.

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