AutorIn
Arie Knipscheer, so erschienen im Alpha1-Journal 2/2023.
Nachdem ich in den Jahren 2018 und 2020 im Klinikum Berchtesgadener Land in der Schönau am Königssee zur Reha war, wollte ich dieses Jahr mal wieder Seeluft schnuppern, die den meisten Lungenkranken von uns guttut. Meine Wahl fiel beim Durchforsten der sehr positiven Bewertungen auf der Internetseite „Klinikbewertungen.de“ auf die Ostseeklinik.
Den Antrag für die Reha hatte ich bereits im Januar 2022 gestellt, nachdem ich in der Ruhrlandklinik zum Check-up war und dies dort auch befürwortet wurde. Leider hatte meine Hausärztin im Reha-Antrag einen Fehler gemacht. Sie kreuzte überall „keine Einschränkungen“ an, was dazu führte, dass die Reha abgelehnt wurde. Auch ich habe den Fehler nicht bemerkt, weil sie den Antrag erst nach mehrmaliger Aufforderung ausgefüllt hatte und diesen mir einen Tag vor meinem Urlaub zwischen Tür und Angel überreichte. Damit nicht noch mehr Zeit verging, habe ich den Antrag schnell gescannt und per Mail verschickt. Gegen die Ablehnung habe ich dann Widerspruch eingereicht, der dann letztendlich bewilligt wurde. Zusätzlich waren die Wartezeiten wegen Corona so lang, dass ich schließlich erst von Mai bis Juni 2023 meine Reha antreten konnte.
Bisher bin ich immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Reha gefahren. Dieses Mal hab ich mich für das Auto entschieden, da die Anreise mit Sauerstoffgerät und Umsteigen doch ziemlich aufwändig ist. Von meiner Heimatstadt Duisburg bis Prerow sind es etwas über 600 km, die ich sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise staufrei bewältigen konnte.
Auf dem Darß – einer Landzunge – angekommen, überwältigten mich die herrliche Landschaft und die aufwändig im norddeutschen Stil restaurierten Häuser. Im Klinikum wurde ich an der Rezeption freundlich begrüßt und konnte mein Auto auf einem abgesperrten Parkplatz abstellen, was 2 € am Tag kostete. Die Klinik liegt übrigens unmittelbar am Strand, der fußläufig in max. 5 Minuten erreichbar ist.
Nachdem ich mein sehr schönes Zimmer mit Balkon bezogen hatte, ging es auch schon zum Abendessen. Dort erwarteten mich zwei neue Zeitgenossen, mit denen ich später einige Fahrradtouren unternommen habe. Das Abendessen war das übliche Brot mit diversen Aufschnitten.
Am nächsten Tag ging es zur Erstuntersuchung mit Lungenfunktion und Gehtest. Vom Stationsarzt wurde ich befragt, welche Vorlieben ich bei den Anwendungen habe, und es wurde aus meiner Sicht ein ausgewogener Plan erstellt, darunter Wassergymnastik im sehr schönen großen hauseigenen Schwimmbad, moderates Nordic-Walking und Krafttraining. Um es vorwegzunehmen: Das Krafttraining kam deutlich zu kurz. Die Geräte waren zwar modern, aber übersichtlich. Das hatte zur Folge, dass die Zeiten fürs Training sehr begrenzt waren. Das bin ich vom Klinikum Berchtesgadener Land anders gewohnt. Dort wird man aufgefordert, die Geräte jeden Tag zu nutzen, da Muskelaufbau für Lungenkranke sehr wichtig ist.
Zwischen den Anwendungen konnte man sich in einem schönen und hellen Lichthof in Nähe der Rezeption aufhalten, der auch als Cafeteria und für Veranstaltungen genutzt wurde. Die Preise in der Cafeteria empfand ich allerdings unverschämt. Für einen Kaffee wurden 3 € verlangt und für Flaschenbier 4,90 €. Fußgesunde konnten auf nahegelegene Restaurationen ausweichen. Es gab aber einige Schwerkranke, die das nicht mehr konnten und dieser Preisgestaltung ausgesetzt waren. Besonders schlimm ist es, wenn man es dann auch finanziell nicht so dicke hat.
Am nächsten Mittag dachte ich, ich bin nicht in einer Rehaklinik, sondern in einem gut geführten Restaurant. Man konnte fast jeden Tag zwischen Fisch und Fleisch wählen. Auch ein vegetarisches Gericht wurde angeboten. Zusätzlich gab es Suppe, Salatbuffet und Nachtisch. Ich bin in den vier Wochen nur einmal außerhalb essen gewesen, so lecker war die Küche dort. Kein Vergleich mit dem gruseligen Essen im Klinikum Berchtesgadener Land, was mich viel Geld gekostet und den nahegelegen Restaurants entsprechende Einnahmen beschert hat.
Wenn ich Pause zwischen den Anwendungen hatte, bin ich meistens zum Strand und barfuß durchs Wasser gelaufen. Mit dem Wetter hatte ich auch Riesenglück, es war in den vier Wochen nur an zwei Tagen bedeckt, ansonsten hatten wir immer strahlend blauen Himmel bei ca. 22 Grad. Übrigens hatte ich im Vorfeld abgeklärt, ob ich dort nachts mit Flüssigsauerstoff versorgt werde und auch mein mobiles Sauerstoffgerät selbst aufladen kann. In Heiligendamm (Ostsee), wo ich 2017 zur Reha war, bekam ich einen Konzentrator aufs Zimmer gestellt, bei dessen Lautstärke ich kein Auge zugemacht hätte – ich wurde daraufhin auf Bitten nachts mit einem Stroller versorgt. Auch durfte man seine mobilen Geräte nicht selbst aufladen, das haben die Schwestern gemacht. So saß ich dort mehrmals am Tag als Bittsteller vor dem Schwesternzimmer und bekam mein Helios H300 oftmals vereist zurück, was zur Folge hatte, dass das Gerät dann ca. eine Stunde keinen Sauerstoff abgibt. So musste ich die ein oder andere Anwendung ausfallen lassen. Ein unmöglicher Zustand, der auch nach Beschwerde beim Chefarzt keine Besserung brachte. Aber das nur am Rande. Die Physiotherapeuten waren alle ausnahmslos spitze. So auch das Personal sehr freundlich im gesamten Haus.
Bei allem Lob muss ich aber auch ein paar Kritikpunkte anmerken:
- eine nächtliche Überprüfung der Sauerstoffsättigung fand nicht statt
- das Gerätetraining kam eindeutig zu kurz
- die Matratzen führten bei mir zu erheblichen Rückenproblemen
- die Zimmerreinigung war in wenigen Minuten erledigt
- in der letzten Woche fanden wegen (berechtigten) Streikmaßnahmen keine Anwendungen statt
Alles in allem hat mir die Reha sehr gutgetan und ich kann das Haus mit den oben genannten Einschränkungen empfehlen. Es war bereits meine neunte Lungenreha, von daher denke ich, dass ich die diversen Einrichtungen ganz gut einordnen kann.